“Störerhaftung” soll ausgeweitet werden

Wer in Deutschland anderen Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt, zum Beispiel ein Restaurant, kann für über diesen Internetanschluss begangene Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht werden. So die aktuelle Rechtsprechung. Wer also drei Pornos und siebzehn Musikstücke herunterläd, während er bei einem bekannten Hamburger-Laden sein Mittagsmahl verzehrt, den könnte das MacMenü plötzlich einige Tausend Euro kosten.

Analog dieser sogenannten Störerhaftung bei Internetverbindungen, soll dieses Haftungsprinzip nun ausgeweitet werden, wie ein anonym bleibender Ministerialdirektor im Bundesministerium der Justiz dieser Zeitung verriet: “Um die Gleichbehandlung aller zu gewährleisten, soll die Störerhaftung nunmehr auch auf Post und Telekom ausgedehnt werden”

1. Post

Wer per Brief oder Postkarte DVDs oder Musik-CDs bestellt, diese aber nicht bezahlen kann, der wird als primärer Schuldner erst gemahnt und dann gepfändet. Für die Differenz, also den nicht eintreibbaren Betrag, wird dann die Post einspringen müssen, da nur durch ihre Dienstleistung diese Bestellung erst möglich wurde.

2. Telefon

Analoges gilt für Bestellungen über das Telefon, auch wenn der Anruf von einem Versandunternehmen im Sinne eines Verkaufsgespräches initiiert wurde.

Ziel dieser Gesetzesverschärfung sei die Gleichbehandlung aller möglichen Störer.

Praxisfremd

Ein Sprecher Post nannte diese Planungen im Justizministerium völlig praxisfremd. Es könne doch nicht angehen, dass die Post den Besteller von Waren erst auf seine Zahlungsfähigkeit hinsichtlich der Bestellung überprüfe. Zudem müsse sie dann ja das Postgeheimnis brechen und jede Korrespondenz auf mögliche Bestellungen prüfen.

Technisch machbar

Peter Krebet (Name v. d. Redaktion geändert), IT-Spezialist bei der Telekom hat diesem Blog gegenüber enthüllt, dass er federführend an einer Software zur Erkennung von Bestellvorgängen im Telefonverkehr arbeitet:

Wir arbeiten hier mit den Geheimdiensten ähnlichen Erkennungsmodulen, die bestimmte Wörter aufgreifen, im vorliegenden Fall zum Beispiel Euro, Bestellung, kaufen, unwiderruflich, Höchstbetrag, günstig, Rückgaberecht, um nur die Wichtigsten zu nennen.

Sobald diese Wörter während eines Telefonats gehäuft auftreten, werden die Gesprächsteilnehmer ermittelt und mit den Datenbanken der Schufa sowie der wichtigsten deutschen Kreditinstitute abgeglichen. Sollten die Beträge nicht mit den Bankauskünften harmonieren, können wir das Gespräch vollautomatisch abbrechen.

Auf die Frage, wie dies denn mit dem Fernmeldegeheimnis zusammenpasse, meinte der IT-Spezialist, dies zu beurteilen sei nicht seine Aufgabe. Er führe nur die Anweisungen seines Arbeitgebers aus. Allerdings gäbe es ja nach Abbruch noch eine automatische und kostenfreie (!) Meldung seitens der Telekom: “Dieser Anruf wurde aufgrund der uns vorliegenden Informationen über ihre Kreditwürdigkeit abgebrochen. Sollten sie der Meinung sein, dass dieser Abbruch zu Unrecht erfolgte, so drücken sie bitte die 1.”