Auf ins glückliche Jahr 2007

Am 18. Dezember 2005 sagte der amerikanische Präsident George Bush während einer Fernsehansprache (zum Thema Irak): “Unser Land hat nur zwei Optionen — Sieg oder Niederlage.”

Unabhängig davon, was man vom Irakkrieg, seinen Auslösern und seinen Folgen denken mag, dieser Satz hat auch mit jedem von uns zu tun. Denn auch wir messen unser Leben und unser eben dortiges Wirken nach dieser kruden Methode: Sieg oder Niederlage. Jedoch, wer definiert und bestimmt eigentlich, was “Sieg” und was “Niederlage” ist? — Niemand anderes als wir selbst. Ausser wir lassen uns von anderen einreden, was Sieg und Niederlage zu sein habe.

Daran musste ich denken, als ich bedachte, dass wir zum Jahreswechsel wieder alle möglichen Vorsätze fassen, was das neue Jahr uns bringen solle, bringen möge, verdammt noch mal zu bringen hat!

Was also sollen wir uns vornehmen? Was können wir uns vornehmen? Vielleicht nehmen wir uns in diesem Jahr etwas wirklich GROSSES vor. Und das zweifellos Grösste, ist die Erlangung von Glückseligkeit. Glückseligkeit fragen Sie? Ja, sage ich! Das höchste allen Glücks.

Ich wäre kein Schelm, wenn diese Aussage nicht mit allerlei Zusatzgedanken gespickt wäre, welche ich hier nur kurz berühren möchte. Was eigentlich ist “das Glück”? Ich sage Ihnen mit den Worten von Aristoteles, was es nicht ist: «Die kaufmännische Lebensform hat etwas Gewaltsames an sich, und offensichtlich ist der Reichtum nicht das gesuchte Gute.» Und Plato dachte: «Großer Reichtum und Tugend können nicht zusammen bestehen, wenigstens nicht bei derjenigen Auslegung des Reichtums, die der großen Menge geläufig ist. Diese versteht nämlich unter reichen Leuten solche, die als auserlesene Menschen Güter von höchstem Geldeswert besitzen, Güter also, wie sie auch der erste beste Schurke in seinen Besitz bringen kann.» Und mit reichen Schurken haben wir auf Mallorca, genauer gesagt die Andratschen, ja in diesem Jahr einige prominente Erfahrungen machen dürfen.

Aber als Beiwerk zum Glück ist Reichtum zweifellos geeignet, und wer über grossen Reichtum verfügt, der kann nicht nur sich selber, seiner Familie und seinen Freunden Gutes tun, er kann auch, wie Bill Gates, im grossen Stil das tun, was Regierungen aus unerfindlichen Gründen nicht zu tun bereit sind. Ein Panzer ist offenbar mehr wert als Tausend Menschenleben. Ausgabenmässig. Wenn man sich die Haushalte von Regierungen so anschaut.

Vielleicht ist grosses Glück ja die Gesundheit? Was aber, wenn jemand an Krebs leidet? Ist er deshalb ab dem Tag der Diagnose unglücklich? Keineswegs, kann ich aus unmittelbarer und mehrjäh-riger Erfahrung im engsten Familienkreis vermelden. Im Gegenteil. Das klare Be-wusstsein über die Endlichkeit unseres irdischen Daseins verändert das Leben radikal, und zumindest im Fall in unserer Familie, zum Positiven. Plötzlich wird jeder Tag zu etwas Besonderem, etwas Kost-barem. Nie wurden Farben intensiver aufgesogen, Düfte stärker inhaliert, die Sonnenstrahlen wie Perlen des Lebens assimiliert, wurde und wird gelacht. Ja, wünschen Sie sich und Ihren Freunde Gesundheit — aber wenn sie sich weigert einzukehren, dann denken Sie nach dem Tag der Hiobsbotschaft und den Wochen der traurig zornigen Auseinandersetzung damit auch daran, dass in Ihr Bewusstsein das gerückt ist, was die meisten anderen fälschlicherweise als grosse Leistung empfinden: Die Verdrängung einer unab-änderlichen Tatsache unseres irdischen Lebens. Und entdecken Sie jeden Tag auf‘s Neue.

Vielleicht wünschen Sie sich für das kommende Jahr ja nur “etwas Kleines”. Aber wenn es wünschenswert ist, weshalb sollte es dann “klein” sein? Weil es sie relativ wenig kostet? Weil sie es mühelos erreichen können? Weil jeder andere es sowieso schon hat? Wenn es wünschenswert ist, dann ist es kostbar. Für Sie. Lassen Sie sich Ihre Kostbarkeiten nicht ausreden oder verniedlichen.

Das mit der Glückseligkeit, dem grössten Glück, ist also so eine Sache. Selbst Aristoteles konnte sie nicht im Detail packen, weshalb er zum Schluss kam: «Die einen bestimmen sie als Tugend, die anderen als Einsicht, die dritten als eine Art Weisheit, andere wiederum als alles dies oder doch eins davon, verbunden mit der Lust oder doch zumindest nicht ohne Lust. Andere nehmen auch das äussere Wohlergehen dazu. Es ist wohl anzunehmen, dass keiner da völlig danebenliegt.»

Und dann, am Ende des Jahres — werden Sie von Ihrem Jahr als einem Sieg oder einer Niederlage sprechen? Ich sage Ihnen: Ein Jahr ist schnell vorbei, da kann das grösste, von ihnen gewünschte, Glück gelegentlich gar nicht so schnell sein. Gewähren Sie ihm also eine Chance, geben Sie ihm Zeit einzutreten, denn während das Jahr so vor sich hintagt, können Sie, wenn Sie genau schauen, eine Menge “kleiner” Glücke finden. Dazu bedarf es nicht mehr, als sie zuzulassen oder — sie zu schätzen.

Ich zum Beispiel, freue mich auf meinen täglichen Kaffee am Dorfplatz. Und genau diesem “kleinen Glück” werde ich mich jetzt hingeben.

In diesem Sinne also
VIEL GLÜCK im kommenden Jahr
Ihr
Tom Voltz